Lesben
   14 Jahre
Foto: Illustration: Madita Haustein

Geschichten aus der Lesben-WG

"Lesben-WG sucht Nachmieterin. Wer zieht bei uns ein?" Mit dieser Headline im Lesarion-Profil sollte es klappen. Schnellstmöglich mussten wir für unsere Riesenwohnung eine vierte Mietezahlerin finden, weil Caro aus mir unerklärlichen Gründen ausziehen wollte. Und tatsächlich – nach nur zwei Tagen trudelten die ersten Messages bei mir ein. Ich persönlich führte meinen schnellen Erfolg auf mein geiles Profilfoto und die Mitgliedschaft in der Gruppe "Akut untervögelt" zurück. Linda und Kathrin waren der Meinung, es hätte daran gelegen, dass ich penetrant nahezu jede Lesbe aus dem Ruhrgebiet mit einem plumpen Pinnwandeintrag auf mein Profil gelockt habe. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.

Bei einer Flasche Rotwein und Musik von Melissa Etheridge (an diesem Abend wollten wir uns besonders lesbisch fühlen) lasen wir drei gemeinsam die Mails und sahen uns die dazugehörigen Profile auf Lesarion an. Vor allem die Fotos. Schnell hatte jede von uns ihr persönliches Mitbewohnerinnen-Ranking erstellt. Linda wollte am liebsten eine junge Studentin, die man noch "formen" kann, Kathrin präferierte tierliebe, feminine Frauen mit gesichertem Einkommen und ich wünschte mir als Mitbewohnerin eine ordentliche Butch, die endlich mal den Garten umgräbt und den Lichtschalter im Bad repariert.

Die Neue

In jedem Fall war klar: Es sollte eine Lesbe sein. Nach fast drei Jahren lesbischen Zusammenlebens hatten wir wohlgemeinte Regeln wie "Mitbewohnerinnen machen nicht miteinander rum" oder "Keine Sex-Dates in der gemeinsamen Wohnung" schon etliche Male gebrochen und verstanden uns trotzdem noch prächtig. Daher hatten wir keine Skrupel unser neues WGay-Mitglied nach Attraktivität und Fun-Faktor auszusuchen. So luden wir die Damen zum Besichtigungstermin.

Mit der persönlichen Favoritenliste im Hinterkopf und einer Menge tanzender und vor Aufregung hüpfender Sexualhormone im Uterus erwarteten wir die Ankunft der ersten Bewerberin. Und wir warteten. Und warteten. Nach einer Stunde beschlossen wir, den Wodka aus dem Kühlschrank zu holen und ein "Keiner-zieht-bei-uns-ein"-Klagelied zu lallen. Man hatte uns versetzt.

So erging es uns noch einige Male. Wir fühlten uns so benutzt. Gemeinsam malten wir uns aus, wie die angeblichen Interessentinnen Ranglisten unserer drei Lesarion-Profile erstellt hatten und sich bei einer Flasche Wein über uns das Maul zerrissen. Einige Mädels (oder Faker-Boys) wollten wir nach den geplatzten Terminen noch einmal anschreiben, die Profile waren aber nicht mehr verfügbar.

In vier Tagen wird Tina bei uns einziehen. Sie hat ein gesichertes Einkommen, ist etwas jünger als wir und bestimmt noch etwas "formbar". Nach Gartenarbeit oder Lichtschalterreparatur sieht sie zwar nicht aus, dafür find ich sie aber ziemlich sexy. Wenn da bloß diese WG-Regeln nicht wären…

 
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