Kultur
   11 Jahre
Foto: Leipziger Buchmesse

Que(e)rbeet que(e)rgelesen

Groß-artig

Es ist auf jeden Fall eine anregende Vorstellung, wenn nächstes Jahr Hunderte bei den großen Verlagen einfallen und nach den vereinzelten queeren Perlen fragen. Denn bei denen war dieses Jahr überwiegend erstmal grundlegende Aufklärungsarbeit zur Begriffsdefinition angesagt. Unter den reizvollen Fundstücken befindet sich der aktuelle Krimi der britischen Bestseller-Autorin Val McDermid, der wie immer ganz selbstverständlich auch ihr queeres Leben in verschiedenen Personenkonstellationen spiegelt. Spiegel scheut auch Top-Model-Trainer Jorge Gonzales nicht, der – selbstverständlich vom TV begleitet – auf seinen 20-Zentimeter-Absätzen durch die Messe stolzierte, um seine Autobiografie „Hola Chicas“ zu präsentieren.

Klein, fein, viel-fältig

Vor allem aber ist die Buchmesse eine einzigartige Gelegenheit, die Sortimente der kleinen Verlage kennen zu lernen. Und das ist nun wirklich spannend. Voll und ganz queer ist da z.B. der Querverlag aus Berlin: Das Sortiment umfasst einige politische Bücher wie „Das Recht anders zu sein“ von Amnesty International, unterhaltsam Informatives wie den Reiseführer „Schwule Orte“ oder „Tantra für Schwule“ und jede Menge Romane, wie z.B. für Schwule mehrere von Peter Hofmann und für Lesben alle von Karen-Susan Fessel.

Und auffallend queer-feministisch

Zaglossus aus Wien ist ein wirklich kleiner und feiner Verlag mit außergewöhnlichen Büchern für und aus einem breiten Spektrum des queeren Lebens, sowohl politisch, als auch unterhaltend: Beispielsweise „Ban Marriage“ von Sushila Mesquita über die ambivalente Bewertung der aktuellen Normalisierungsprozesse aus queer-feministischer Perspektive oder „How I got lost six feet under your mother“, ein deutschsprachiger Essayband über diverse TV-Serien und darüber, wie subversiv oder eben nicht diese für die Diversity-Community sind. Weitere Highlights sind „Die Geschichte der Sidonie C“ über Freuds berühmte homosexuelle Patientin oder „Boi*hood“ von Rhiannon Argo, der heiß gehandelte Roman über ein befreundetes l-t Trio in San Francisco.

Feministisch-queer wirklich traditionsreich ist der Argument-Verlag aus Hamburg. Er bietet anspruchsvolle Bücher voll alternativer Politik und Wissenschaft und ist vor allem für die oft wilden und witzigen Ariadne-Krimis bekannt. Neu aufgelegt haben die Macherinnen gerade ihren Stoner-Mc-Tavish-Klassiker von Sarah Dreher. Ganz neu dabei „Totensteige“ von Christine Lehmann. Dieser Krimi der Lisa-Nerz-Reihe bietet Sprachwitz, böse Referenzen zum trendigen Übersinnlichen und nimmt frech auch auf die Buchmesse selbst Bezug. Last but not least sei zum Argument-Verlag noch ein doppeltes Geheimnis verraten: Die ungeraden Verlagsnummern sind alle von „queerem interest“ – und sie freuen sich ausdrücklich über Einreichungen für diese Ungeraden.

Der Konkursbuch-Verlag legt außer dem alljährlichen lesbischen Jahrbuch der Erotik „Mein lesbisches Auge“ generell einen Schwerpunkt auf queer-lesbische Erotik, und präsentierte zur Buchmesse mit „Love Bites – Die erotische Nacht 1“ eine Veranstaltung nicht nur mit Lesung, sonder auch mit Performances, erotischer Tanzshow und Live-Musik. Außerdem gab es parallel noch eine lesbische Lesenacht mit anschließender Queer-Party in der Kulturfabrik, wo außer Konkursbuch- und Quer-Verlag noch Autorinnen vom Orlandaverlag und Krug & Schadenberg lasen, u.a. Laura Méritt.

Bis außer-gewöhnlich

Ebenfalls in der Kulturfabrik fand auch eine Lesung statt zu einem queeren Thema, zu dem es bei allen Verlagen noch viel zu wenig Bücher gibt: Heinz-Jürgen Voss liefert mit „Intersexualiät – Intersex: eine Intervention“ eine kritische Position zu den der Diagnose oft folgenden hormonellen und operativen Eingriffen.

Der neueste Trend zum Selbst-Verlag durch e-Books und die Workshops der Buchmesse für Autorinnen und Autoren bieten für die nächste Leipziger Buchmesse viel que(e)res Potential.

 

 
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