Kultur
   14 Jahre

Neuer Roman: Leise Töne

Marthe Maan besucht im Alter von fünfzehn Jahren zum ersten Mal die Insel Gotland. Dort begegnet ihr eine mysteriöse Klavierspielerin, die sie sofort fasziniert. Jahre später, als Marthe beim Rundfunk in Berlin arbeitet, wird sie beauftragt, eine bekannte Komponistin vom Flughafen abzuholen. Es handelt sich um dieselbe Klavierspielerin, die sie bereits viele Jahre zuvor bei ihrem Gotlandurlaub gesehen hatte. Zwar tauschen die beiden Frauen während der Fahrt bedeutungsschwangere Blicke und die bodenständige Fahrerin Marthe lässt sich durch die attraktive Komponistin Elisabeth Herlitz sogar zum Besuch eines klassischen Konzertes hinreißen. Zu näherem Kontakt zwischen den beiden kommt es jedoch nicht.

Ein gemeinsames Leben mit Elisabeth beginnt

Erneut einige Jahre später treffen sich die beiden auf der Insel Gotland wieder, als Marthe dort mit ihrem Freund Urlaub macht. Der bisherige Bettgefährte Marthes gehört beim Anblick der 14 Jahre älteren Elisabeth der Vergangenheit an und die beiden unterschiedlichen Frauen beginnen eine Liebesbeziehung, die fortan von Sehnsucht und der Suche nach der richtigen Beziehungsform geprägt ist. Immer wieder reist die Protagonistin nach Gotland und kann sich doch nicht entscheiden, ihre Unabhängigkeit für ein gemeinsames Leben mit Elisabeth aufzugeben. In Rückblenden erfahren wir von ihrer unglücklichen Kindheit auf Amrum, ihrem lieblosen, brutalen Vater und ihrer ersten Beziehung mit Berend, den sie jedoch, ebenso wie ihre Heimatinsel, bald hinter sich lässt.

Literatur für lange Winterabende

Die Suche Marthes nach ihrem Platz im Leben, ihre Liebe zu der Klavierspielerin Elisabeth und die Frage, warum sie sich auf diese Beziehung nicht mit allen Konsequenzen einlassen kann, wird in ruhigem Erzählstil ausführlich beschrieben. Der Inhalt einiger Passagen hätte dabei durchaus etwas komprimierter ausfallen können und an Stelle von 500 Seiten hätten möglicherweise auch 300 ausgereicht, um die Geschichte von Marthe Mann zu erzählen. Nichtsdestotrotz verbindet Karen Susan Fessel gekonnt die verschiedenen Zeitebenen von der Kindheit der Ich-Erzählerin bis hin zu ihrem Leben als dreißigjährige frauenverschlingende Lesbe in Berlin.

Warum es sich bei den Protagonistinnen von Lesbenromanen - wie auch in diesem Fall - sehr häufig um den Typus gutaussehend, aber bindungsunfähig handelt, sei dahingestellt. Wer die anderen Romane und Erzählungen von der - neben Mirjam Müntefering - wohl bekanntesten Produzentin von Lesbenliteratur mochte, wird auch diesen Roman an langen, dunklen Winterabenden genießen. Die melancholisch erzählte Geschichte von Marthe und Elisabeth ist keine, die man verschlingt, sondern eine, die man langsam liest und die gerade dadurch in Erinnerung bleibt.
 

Karen Susan Fessel: Leise Töne, erschienen Sept. 2010 im Quer Verlag

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