Kultur
   13 Jahre
Foto: Warner Bros.

Kino: Drei

Zehn Jahre nach "Lola rennt" spielt Tom Tykwers neuer Film nun wieder im pulsierenden Berlin. Und wie in seinem ersten internationalen Erfolg sorgt auch in "Drei" wieder der Zufall für schicksalhafte Begegnungen.

Flotter Dreier

Der Kunsttechniker Simon und seine Lebensgefährtin Hanna, Moderatorin einer Kultursendung, haben sich mit Mitte 40 in ihrem intellektuellen Berlin-Mitte-Dasein eingerichtet. Man liebt sich, sexuell prickelt es aber nach 20 gemeinsamen Jahren nicht mehr so richtig - bis sie sich in neue erotische Abenteuer stürzen. Ohne voneinander zu wissen, beginnen beide eine Affäre mit dem gleichen Mann, dem Stammzellenforscher Adam (Devid Striesow).

Tom Tykwer, bekennender Hetero und als Jungfilmer einst gefördert von Rosa von Praunheim, erzählt den schwulen Strang seiner Beziehungskomödie so direkt und unverkrampft, aber auch so bemerkenswert konsequent aus heterosexueller Sicht, dass sich bei der Uraufführung auf dem Filmfest in Venedig einige Heterozuschauer von den Sexszenen offenbar unangenehm bedrängt fühlten: Sie flohen zu Dutzenden aus dem Kinosaal.

Sperma auf die Brust

Mag Tykwer seinen verspielten Film mit allzu vielen bodenschweren Nebenthemen (von Hodenkrebs und Stammzellenforschung bis Freitod) und neckischen Spielereien (Split-Screen-Sequenzen, Scherenschnitt, Trickfilm- und Tanzeinlagen) etwas überfrachtet haben, seinen glänzenden Hauptdarstellern gelingt es, die Figuren im Zentrum zu halten und zu glaubwürdigem Leben zu erwecken: Wie kauzig-schnoddrig die eigentlich immerzu geniale Sophie Rois ihre Fernsehjournalistin Hanna spielt! Wie charmant und cool zugleich Adam den perplexen Simon im Umkleideraum eines Hallenbades verführt und sich dessen Sperma auf die Brust klatschen lässt! Wie nervös und doch zielgerichtet Simon später den ersten Fick herbeisehnt; wie sehr das unerwartete Verliebtsein den bis dahin eher unverbindlich sich sexuell vergnügenden Adam aus der emotionalen Bahn wirft!

Das alles spielen Devid Striesow und Sebastian Schipper mit überzeugender physischer Präsenz und Charisma. "Du musst Abschied nehmen von deinem deterministischen Biologieverständnis", rät Adam seinem Lover. Und in der Tat geraten hier die klassischen Kategorien wie schwul, bi, hetero auf unerwartet leichte Art ins Schwimmen. Queere Filmkunst aus einer dezidiert nicht-schwullesbischen Perspektive, dazu so gediegen bildungsbürgerlich, das hat es im deutschen Kino noch nicht gegeben.

Deutscher Kinotrailer

 

"Drei". Buch und Regie: Tom Tykwer. Mit Sophie Rois, Sebastian Schipper, Devid Striesow, Angela Winkler, Annedore Kleist u.a. Deutschland 2010, 119 min, Kinostart: 23. Dezember.

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